Kennt ihr Wilhelm Bölsche?

Kennt ihr Wilhelm Bölsche?

Der Name hat mir bis vor kurzem nichts gesagt. Zufällig bin ich über ihn gestolpert, als ich nach dem Stichwort „Drachen“ online suchte. Bei Gutenberg kann man Einblick in Bölsches Buch von 1929 bekommen: Drachen, Sage und Naturwissenschaft.

Bei Wikipedia habe ich gefunden, dass Bölsche 1861 in Köln geboren wurde, und 1939 starb. In Bonn studierte er Philosophie, Kunstgeschichte und Archäologie. Den meisten von uns, würde eines dieser Themen ausreichen. Lange lebte Bölsch in Berlin, war Herausgeber für namhafte Autoren wie Humboldt, Bücher und Hauff etc. Nicht Naturwissenschaftler war er, sondern er hat als Schriftsteller naturwissenschaftliche Schriften popularisiert. Er war Gründungsmitglied der Paläontologischen Gesellschaft 1912, was sein ausgeprägtes Interesse für Paläontologie zeigt, und Zentralfigur des Friedrichshagener Dichterkreis.

In dem ersten Kapitel des Buches „Drachen“  beschreibt er verschiedene Arten der Dinosaurier. Erst dann geht er über zu den Sagendrachen. Schon Dürer hat in seinen Holzschnitten das biblische Ungeheuer des siebenköpfigen Drachen dargestellt (Offenbarung Johannis Kp 12, Vers 1-4). Der Mensch bleibt zentrales Thema in der Abhandlung. Der Lichtheld und Dachentöter Sigurd – Siegfried, natürlich, darf am Anfang nicht fehlen, auch nicht das Goldvlies (Goldschatz), und auch nicht St. Georg, sein Nachfolger.

Fragen werden erläutert: Ist der Drache nur ein verkapptes menschliches Bosheitswesen zu sehen? Wie ist die Menschheit auf das Bild der Drachen als riesige, ungeschlachte Schuppentiere, schlangenhaft, bekrallten Beinen, geflügelt, gekommen? Warum ein Reptil?

Die Ähnlichkeit zu den Sauriern der Urwelt ist offensichtlich.

Konrad Gesner wird zitiert, der gewichtige Tierfolianten im 16. Jahrhundert herausgebracht hat, der nicht nur reale Tiere abbildete, sondern auch einige weitere Tiere darstellte, wie zum Beispiel Einhörner, Waldrapp und eine lange Abhandlung über Drachen machte. Gesner erklärt das Wort ‚draco‘ mit griechisch: ‚scharf sehen‘. Es könnte aber auch die Bedeutung von ‚Schlange‘ sein. In dem Wort ‚Lindwurm‘ steckt auch ‚Schlange‘, also könnten Drachen schlichtweg übergroße Schlangen sein.

In der Schweiz waren Drachen schon früh ein Thema, zum Beispiel bei Arnold Böcklin. Jetzt kam Mythologie dazu, die Drachen werden zu Schatzhütern, lieben Mädchen, werden zu Helden, Flügel kommen hinzu und Krallen, sie werden schwarz, Flammenatem wird ihnen angedichtet.

Noch ein Autor aus dem 17. Jahrhundert wird zitiert, A. Kircher, der das Dasein von Drachen aufgrund der Bibelstellen gewährleistet sieht.

Lustig ist, dass Bölsche, die heute immer noch aktuellen Geschichten von Jules Verne, der Drachen immer wieder anbringt, als veraltet beschreibt. Über Seeschlangen, Meerungeheuer, Meerbischof und Meermönch führt Bölsche den Leser, mit Hilfe von Jules Verne, in die Tiefsee.

Es ist nicht klar, ob Linné von der Existenz der Drachen überzeugt war.Das Wort ‚Flugdrächelchen‘, von Linné, hat mir besonders gut gefallen.

Die Frage, ob der Mensch mit Drachen zusammengetroffen ist, taucht auf. Laut Bölsche gibt es keine wissenschaftliche Verneinung, die keine Lücke hat, denn das Dinosauriersterben war nicht komplett.

Und nicht zuletzt eine Reise zu den chinesischen Drachen. Bölsche elaboriert viel über Eidechsen (ausgiebig zu den Waranen) und zu den Flugechsen.

Bölsche schließt mit den Worten: „Ich denke mir, ich habe vor dem Leser mein Material ausgebreitet – mag er nun wählen oder auch je nach seinem Bedarf bloß heiter darin sparzieren gehen.“

Würde man heute ein Essay über die Existenz von Drachen schreiben, wäre die Sprache wohl eine andere, aber die zitierten Autoren, Wissenschaftler, die Themen, die Zoologie, wären vermutlich ähnlich.


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